Magnetismus - Geschichte der Erforschung, Elektromagnetische Theorie, Magnetfeld, Magnetische Materialien, Andere magnetische Ordnungen, Anwendungen referat



Magnetische Feldlinien

Eisenspäne richten sich nach dem Feld eines Hufeisenmagneten aus, dessen Feldstärke vom magnetischen Nordpol zum Südpol verläuft.

 

 

Magnetismus, Lehre von den magnetischen Erscheinungen, ursprünglich von den Magneten und ihren Eigenschaften, heute allgemein von Magnetfeldern und magnetischen Kräften sowie dem Verhalten von Materie in Magnetfeldern. Der Magnetismus ist ein Teil des Elektromagnetismus, der durch eine der Elementarkräfte verursacht wird. Magnetische Kräfte werden durch die Bewegungen elektrischer Ladungen verursacht; dies weist auf die enge Beziehung zwischen Elektrizität und Magnetismus hin, weswegen sie in der elektromagnetischen Theorie zusammengefaßt werden (siehe elektromagnetische Strahlung).



Geschichte der Erforschung

Die Erscheinung des Magnetismus ist seit langer Zeit bekannt. Das Mineral Magnetit, ein Eisenoxid mit der Eigenschaft, andere eisenhaltige Gegenstände anzuziehen, war bereits im antiken Griechenland und China bekannt. Mit Magnetit kann man Eisenstücke magnetisieren. Die so gewonnenen Magneten sind polarisiert – d. h., jeder Magnet hat zwei Seiten oder Enden, die man magnetischer Nordpol und magnetischer Südpol nennt. Gleichnamige Pole stoßen einander ab, ungleichnamige ziehen sich gegenseitig an. cr787j5529mrre

Der Kompaß wurde im Abendland für Zwecke der Navigation erstmals nach 1200 benutzt. Im 13. Jahrhundert untersuchte der französische Gelehrte Petrus Peregrinus Magneten. Seine Entdeckungen blieben knapp 300 Jahre gültig, bis der englische Arzt und Physiker William Gilbert 1600 sein Buch De magnete magneticisque corporibus et de magno magnete Tellure physiologia nova (Über Magneten, magnetische Körper und die Erde als großen Magneten) veröffentlichte. Gilbert ging mit wissenschaftlichen Mitteln an die Erforschung der Elektrizität und des Magnetismus heran. Er konnte zeigen, daß die Erde sich selbst wie ein großer Magnet verhält und widerlegte durch eine Reihe von Versuchen mehrere unrichtige Annahmen seiner Zeit über den Magnetismus. 1750 erfand der englische Geologe John Michell eine spezielle Waage, die er zur Untersuchung magnetischer Kräfte benutzte. Er zeigte, daß Anziehung oder Abstoßung zwischen zwei Magnetpolen mit dem Quadrat des Abstands abnimmt. Der französische Physiker Charles Augustin de Coulomb, der die Kräfte zwischen geladenen Teilchen untersuchte, bestätigte später Michells Beobachtungen mit hoher Genauigkeit.

Elektromagnetische Theorie

Michael Faraday

Britischer Physiker und Chemiker (22.9.1791-25.8.1867); Autor bedeutender Werke zu experimentellen Versuchen über Elektrizität.

 

 

Induktion in einem einfachen Stromkreis

In einem geschlossenen Stromkreis induziert der elektrische Strom einen Magnetfluß.

Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wurden die Theorien der Elektrizität und des Magnetismus ausgearbeitet. 1819 entdeckte der dänische Physiker Hans Christian Ørsted, daß eine Magnetnadel durch einen Strom, der durch einen Draht fließt, aus der Nord-Süd-Lage abgelenkt werden kann. Diese Entdeckung, die eine Verbindung zwischen Elektrizität und Magnetismus aufzeigte, gab den Anstoß zu vertiefenden Untersuchungen der französischen Wissenschaftler André Marie Ampère, der die Kräfte zwischen stromführenden Leitungen untersuchte, und Dominique François Jean Arago, der ein Stück Eisen magnetisierte, indem er es in die Nähe einer stromführenden Leitung gebracht hat. 1831 entdeckte der englische Wissenschaftler Michael Faraday, daß in einem Kabel ein elektrischer Strom induziert wird, wenn man einen Magneten daran vorbeiführt. Dies ist genau der umgekehrte Effekt zu dem von Oersted gefundenen: Oersted zeigte, daß elektrischer Strom ein Magnetfeld erzeugt, während Faraday zeigte, daß ein magnetisches Feld einen Stromfluß bewirken kann. Die Vereinheitlichung der Theorien der Elektrizität und des Magnetismus gelang schließlich dem englischen Physiker James Clerk Maxwell, der die Existenz elektromagnetischer Wellen vorhersagte und Licht als elektromagnetische Erscheinung deutete.

Spätere Untersuchungen des Magnetismus gingen zunehmend von einem atomaren und molekularen Ursprung des Magnetismus aus. 1905 stellte der französische Physiker Paul Langevin eine Theorie auf, die die Temperaturabhängigkeit der magnetischen Eigenschaften von Paramagneten (siehe unten) erklärte, die ihrerseits auf die atomaren Strukturen der Materie zurückzuführen ist. Der französische Physiker Pierre Ernst Weiss erweiterte darauf die Theorie Langevins, indem er die Existenz eines inneren „molekularen“ Magnetfeldes in Materialien wie Eisen postulierte. In Verbindung mit Langevins Theorie erklärte dieses Konzept die Eigenschaften stark magnetischer Materialien wie Magnetit.

Das Atommodell des dänischen Physikers Niels Bohr lieferte einen Ansatz zum Verständnis des periodischen Systems der Elemente und konnte zeigen, warum Magnetismus insbesondere bei Übergangsmetallen wie Eisen und bei seltenen Erden oder in Verbindungen, die solche enthalten, zu beobachten ist. 1925 zeigten die amerikanischen Physiker Samuel Abraham Goudsmit und George Eugene Uhlenbeck, daß das Elektron einen Spin hat und sich wie ein kleiner Stabmagnet mit genau bestimmbarem magnetischem Moment verhält. Das magnetische Moment eines Körpers ist eine Vektorgröße, die Stärke und Ausrichtung seines Magnetfeldes angibt. Der deutsche Physiker Werner Heisenberg konnte 1927 auf der Basis der damals gerade entwickelten Quantenmechanik (siehe Quantentheorie) eine präzise Erklärung für Weiss’ molekulares Feld geben. Andere Wissenschaftler sagten damals viel komplexere atomare Anordnungen des magnetischen Moments mit völlig unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften voraus.

 

Magnetfeld

Ein Dauermagnet oder ein stromführender Draht üben auf magnetisierbare Substanzen Kräfte aus, ohne sie zu berühren: Sie erzeugen ein magnetisches Feld. Magnetfelder werden oft durch magnetische Feldlinien bzw. Flußlinien graphisch veranschaulicht. Die Feldrichtung ist an jedem Punkt des Magnetfeldes mit der Richtung der Feldlinien identisch. Die Feldstärke läßt sich aus der Dichte der Feldlinien ablesen. Beim Stabmagneten gehen die Feldlinien von einem Pol oder Ende aus und laufen in einem Bogen zum anderen Pol. Die Feldlinien kann man sich als geschlossene Schleifen vorstellen, von denen ein Teil im Inneren des Magneten verläuft. An den Polen liegen die Feldlinien am dichtesten beieinander, hier ist das Feld am stärksten. Mit größerem Abstand von den Polen wird das Feld schwächer, entsprechend verlaufen die Feldlinien hier in größerem Abstand voneinander. Abhängig von der Form und Stärke der Magnete besitzen auch die Feldlinien unterschiedliche Muster und Verläufe. Das Flußlinienmuster, das ein Magnet erzeugt, kann mit Hilfe einer Kompaßnadel oder feiner Eisenfeilspäne dargestellt werden. Magnete richten sich entlang magnetischer Feldlinien aus. Zeichnet man die jeweilige Richtung einer Kompaßnadel an verschiedenen Stellen eines Magnetfeldes auf, so ergibt sich daraus das Muster der Feldlinien. Oder man verstreut auf einem Blatt Papier über einem Magneten Eisenfeilspäne, die sich dann entlang der Feldlinien ausrichten und ihr Muster nachzeichnen.

Magnetfelder wirken auf magnetisierbare Substanzen oder bewegte Ladungsträger. Wenn ein elektrisch geladenes Teilchen sich durch ein Magnetfeld bewegt, wirkt auf dieses Teilchen eine Kraft, die im rechten Winkel sowohl zu der Bewegungsrichtung dieses Teilchens als auch zu der Richtung des Magnetfeldes steht. Dadurch bewegt sich das Teilchen innerhalb eines Magnetfeldes auf einer gekrümmten Bahn. Magnetfelder werden eingesetzt, um die Wege elektrisch geladener Teilchen in Teilchenbeschleunigern und Massenspektrometern zu steuern.

Magnetische Materialien

Paramagnetismus

Flüssiger Sauerstoff wird in einem Magnetfeld festgehalten, weil Sauerstoff O2 aus einer diamagnetischen (Singulett-Sauerstoff) und einer paramagnetischen Komponente (Triplett-Sauerstoff) besteht.

 

 

Die Einteilungen magnetischer und magnetisierbarer Substanzen in diamagnetische, paramagnetische und ferromagnetische Stoffe orientiert sich daran, wie das jeweilige Material auf Magnetfelder reagiert. Bringt man einen diamagnetischen Stoff in ein Magnetfeld, so wird in diesem Stoff ein Magnetismus induziert, der dem Feld gegenüber entgegengesetzt orientiert ist. Zu den diamagnetischen Stoffen gehören Wismut und organische Moleküle wie Benzol, die eine zyklische Struktur (Benzolringe) besitzen, in denen elektrische Ströme leicht fließen können.

In paramagnetischen Stoffen richtet das äußere Feld die magnetischen Momente der Atome oder Moleküle in Feldrichtung aus. Zu den Paramagneten gehören Übergangsmetalle oder Elemente der Gruppe der seltenen Erden mit freien Elektronen. Paramagnetismus bei nichtmetallischen Substanzen ist im allgemeinen stark temperaturabhängig; die Größe des induzierten magnetischen Moments ist der Temperatur umgekehrt proportional, weil es mit steigender Temperatur schwieriger wird, die magnetischen Momente der einzelnen Atome entlang der Feldlinien auszurichten.

Ein ferromagnetischer Stoff liegt vor, wenn das magnetische Moment auch ohne äußeres Magnetfeld existiert, z. B. bei Eisen. Diese Erscheinung ist die Folge einer starken Wechselwirkung der einzelnen Atome oder Elektronen dieser Substanz untereinander, die bewirkt, daß sich deren magnetische Momente parallel zueinander ausrichten. Unter Normalbedingungen sind Ferromagnete unterteilt in Zonen, die man Weiss-Bezirke nennt; in jedem Weiss-Bezirk sind die atomaren Magnetmomente zueinander parallel orientiert. Einzelne Bezirke haben Gesamtmomente, diese müssen aber nicht unbedingt in eine und dieselbe Richtung zeigen. Also kann, obwohl es möglicherweise nach außen kein magnetisches Gesamtmoment aufweist, ein gewöhnliches Stück Eisen magnetisiert werden, indem man es einem Magnetfeld aussetzt, wobei die Momente aller Bezirke parallel zum Feld sich ausrichten. Die Energie, die aufgewandt werden muß, um die Weiss- Bezirke aus dem magnetisierten in den magnetisch neutralen Zustand zurückzuversetzen, macht sich in einer charakteristischen Verzögerung, die man Hysterese nennt, bemerkbar.

Wenn man Ferromagneten erhitzt, verlieren sie ihre magnetischen Eigenschaften. Dieser Vorgang ist oberhalb der Curietemperatur vollständig abgeschlossen, die nach dem französischen Physiker Pierre Curie benannt ist, der diesen Effekt 1895 entdeckte. Die Curietemperatur von Eisen liegt bei 770 °C.

Andere magnetische Ordnungen

In jüngerer Zeit ergab sich aus dem besseren Verständnis der atomaren Ursprünge des Magnetismus die Entdeckung anderer Möglichkeiten, nach denen sich magnetische Momente ordnen können. Bei antiferromagnetischen Stoffen stellen sich die Magnetmomente antiparallel ein. Analog zur Curietemperatur verschwindet oberhalb der sogenannten Néeltemperatur die antiferromagnetische Ordnung.

Inzwischen sind noch weitere, kompliziertere atomare Anordnungen magnetischer Momente bekannt. Ferrimagnetische Substanzen haben mindestens zwei unterschiedliche Magnetmomente, die zueinander antiparallel orientiert sind. Weil sie dem Betrag nach unterschiedlich sind, verbleibt ein gewisses Nettomoment, im Gegensatz zu Antiferromagneten, bei denen sich die magnetischen Momente gegenseitig aufheben. Interessanterweise ist Magnetit eher ein Ferrimagnet als ein Ferromagnet: Zwei verschiedene Arten von Eisenionen mit unterschiedlichen magnetischen Momenten sind in diesem Material vorhanden. Sogar noch kompliziertere Anordnungen sind bekannt, bei denen die Magnetmomente spiralenförmig gruppiert sind. Untersuchungen an diesen Anordnungen konnten Aufschluß über die Wechselwirkungen zwischen magnetischen Momenten in Festkörpern geben.

Anwendungen

Die Erforschung des Magnetismus brachte zahlreiche technische Anwendungen hervor. Der Elektromagnet beispielsweise ist die Grundlage des Elektromotors und des Transformators. Die Entwicklung neuartiger magnetischer Materialien trug zur Entwicklung von Computern bei. Speicherelemente für Computer können unter Verwendung von Blasenbezirken hergestellt werden (sog. Blasenspeicher). Diese speziellen Bezirke sind kleine magnetisierte Bereiche, die entweder parallel oder antiparallel zur Gesamtmagnetisierung des umgebenden Materials orientiert sind. Entsprechend dieser Orientierung stellt eine solche Blase eine Eins oder eine Null dar und ist damit geeignet, eine Zahl im Binärsystem wiederzugeben, das im Bereich der Computer Anwendung findet. Magnetpartikel sind weiterhin wichtige Bestandteile von Bändern oder Platten, auf denen Daten gespeichert werden können.

Für moderne Technologien sind sehr starke Magnete von entscheidender Bedeutung. Magnetschwebebahnen schweben auf Schienen aufgrund der Wirkung starker Magnete, so daß keine Reibung mit den Schienen auftritt, die den Zug bremsen würde. Sehr starke Magnetfelder benötigt man für die kernmagnetische Resonanztomographie, die ein wichtiges Hilfsmittel ärztlicher Untersuchungen ist. Supraleitende Magnetspulen kommen in leistungsfähigsten Teilchenbeschleunigern zum Einsatz, um die beschleunigten Teilchen zu bündeln und auf ihrer gekrümmten Bahn zu halten.