BLUES
Wenn jemand im englischen Sprachraum sagt 'I have the
blues' bedeutet das wörtlich, daß er in 'blauer', das heißt
melancholischer, trauriger Stimmung ist. Die frühesten Beispiele des Blues sind
der Country Blues, die Worksongs und die Plantation Songs im Süden der USA. Sie wurden
1867 erstmalig von William Francis Allen unter den Titel Sklavenlieder der
Vereingiten Staaten gesammelt. Als erster komponierter und gedrückter Blues
gilt der Memphis Blues von William Christopher Handy aus dem Jahre 1912. Der
Blues, der übrigens auch die Wurzel des Jazz´s ist, ist auch wie dieser eine
Mischung von afrikanischen (Sklaven) und europäischen (Einwanderer) Elementen.
Er ist ein weltliches Gegenstück zum geistlichen Spiritual dessen Inhalt das
Alltags- und Arbeitsleben zum Thema hat. Dafür ein typisches Beispiel ist der
Field Holler in dem die langgezogenen Verständigungsrufe der Arbeiter auf den
Feldern (Fields) die Melodie bestimmen. Der Blues wird in der Regel solistisch
in einem Ruf - Antwort Schema vorgetragen, wobei die Antwort gelegentlich auch
chorisch gegeben wird. Der Ruf ist nicht selten eine einfache Feststellung.
Bluestexte werden meist aus dem Stegreif erfunden. Bei sehr alten Blues
wechseln Frage und Antwort regelmäßig und bewegen sich, mehrgesprochen bzw.
gerufen als gesungen, im 8-taktigen Blues innerhalb einer einzigen Harmonie
(Zusammenklang mehrerer Töne zu einem Akkord und die Verbindung der Akkorde
untereinander). Später entwickleten sich je nach Anzahl der Takte auch noch ein
12er, 16er und 20er Blues zu denen noch einige unsymmetrische Formen hinzu
kommen. Melodisch ist der Blues durch die blue notes auf der erniedrigten 3.,
5. und 7. Stufe der Dur-Tonleiter gekennzeichnet, die oft wie ein Schwanken
zwischen Dur und Moll empfunden werden. Man erklärt die blue notes aus
melodischen Eigenarten der afrikanischen Musik, in der es den
Dur-Mollunterschied nicht gibt. Die blue notes verlangen eine eigene Art der
Tongebung und Autonation, die ambesten mit Instrumenten zu verwirklichen ist,
die in ihren tonlichen Möglichkeiten dem Ausdruck einer Gesangsstimme nahe
kommen. Ein Beispiel ist das Saxophon, das mit seiner Fähigkeit, zwei Töne
ineinander zu verschleifen sich hervorragend eignet. Da blue notes in ihrer
Tonhöhe nicht streng festgelegt sind, werden sie auch oft als dirty notes
(schmutzige Töne) bezeichnet, sind aber für das echte Blues Feeling von
entscheidenter Bedeutung. Auf dem Klavier z. B. versucht man diesen Effekt
durch fast gleichzeitiges Spielen von nebeneinanderliegenden Tasten zu erreichen.
Daß Blues nicht immer traurig und langsam sein muß, beweist am besten der
Boogie-Woogie, der von Barrelhouse Piano-Stil abstammt,der Ende des 19. bzw.
Anfang des 20. Jahrhunderts in den Kneipen der schwarzen Amerikaner zu Hause
war. Mit diesen hat er u. a. gemeinsam, daß das Klavier als Rhythmusinstrument
behandelt wird. Charakterischtisch für den Boogie-Woogie ist die Führung der
Baßstimme, die als walking bass in Viertelnoten gespielt wird. Später erst in
den 50er und 60er Jahren entstand der städtische, betont rhythmische Bluesstil
des Rythm´n´Blues. Eine andere Musikrichtung, die ihre Wurzeln im Blues hat und
in den Anfängen sich von diesem kaum unterscheiden läßt, ist der Jazz.